Ausschüttung von Gewinnen an private Aktionär*innen

Seit die Erwirtschaftung von Gewinnen im Gesundheitswesen möglich ist (ab 1993) (Krankenhaus statt Fabrik 2019), hat es einen starken Zuwachs an privat geführten Krankenhäusern gegeben. Inzwischen gibt es mehr Krankenhäuser in privater Hand (38%) als in öffentlicher (28%) oder frei-gemeinnütziger (kirchlicher) (34%) Hand (statistisches Bundesamt 2021). Die meisten Krankenhausbetten befinden sich zwar immer noch in öffentlicher Hand, da in der Vergangenheit meist Krankenhäuser mittlerer Größe privatisiert wurden – dennoch liegt Deutschland bei der Anzahl privatisierter Klinikbetten an der Spitze (Taz 2018)

In privaten Krankenhäusern werden nicht nur Privatpatient*innen behandelt, sondern auch gesetzlich Versicherte. Private Kliniken erhalten hierfür vom entsprechenden Bundesland einen Versorgungsauftrag und dürfen dann mit den Krankenversicherungen abrechnen, wenn sie eine Behandlung durchführen. Aus dem Geld, welches die privaten Kliniken für die Behandlung von den Krankenkassen erhalten, wird jedoch nicht nur die eigentliche Behandlung und alles, was dazu notwendig ist (also beispielsweise Personal oder Material) bezahlt. Die meisten privaten Kliniken schütten Geld an private Aktionär*innen aus (also an Privatpersonen, welche Aktien des Krankenhauses besitzen) – das heißt, ein Teil der Krankenkassenbeiträge, welche von allen Bürger*innen für eine solidarische Gesundheitsversorgung eingezahlt werden, wandert aus dem Gesundheitswesen heraus in die Taschen von einzelnen Personen.

Somit muss das private Krankenhaus eine bestimmte Renditeerwartung (Rendite ist das Verhältnis von investiertem Geld zum letztendlichen Gewinn in Prozent) erfüllen und mit der Gesundheitsversorgung von Patient*innen Gewinne erwirtschaften. Fresenius, der Mutterkonzern von Helios, einer der größten privaten Klinikbetreiber in Deutschland, hat 2020 beispielsweise 491 Mio. € an seine privaten Aktionär*innen ausgezahlt (Fresenius Geschäftsbericht 2020). Seit 2011 erhöht der Konzern regelmäßig seine Dividende (also das, was das Unternehmen an seine Aktionär*innen als Gewinn in € ausschüttet). Das Röhn-Klinikum, ein weiterer großer Betreiber von privaten Kliniken in Deutschland, hat im Jahr 2020 1,45 Mio. € an Privatpersonen abgegeben. Dies war deutlich weniger als im Vorjahr, wo noch 43,27 Mio. € ausgeschüttet wurden, hier hat es also auf Grund der Corona-Pandemie einen kurzfristigen Rückgang der Dividende gegeben (Geschäftsbericht Rhön Kliniken 2020).

Um das Ausmaß und die Auswirkungen auf die gesundheitliche Versorgung in Bezug auf das zuvor Beschriebene zu verstehen muss man begreifen, wie Gewinne und Profite im Gesundheitssystem erwirtschaftet werden können. Dies erklären wir bereits ausführlicher in dem Einleitungstext zu unserer Kampagne (https://solimedbremen.org/kampagne-keine-profite-mit-meiner-gesundheit/einfuhrung-ins-thema/), daher hier nur noch einmal in Kürze: Ein Krankenhaus bekommt zunächst für eine Behandlung einen festgelegten, pauschalen Betrag von den Krankenkassen erstattet. Dieser soll sich nach den durchschnittlichen Kosten für die entsprechende Behandlung richten. Ein Krankenhaus macht nur Gewinn, wenn es unter diesen durchschnittlichen Behandlungskosten bleibt. Dies kann beispielsweise durch effizientere Abläufe erreicht werden (beispielsweise kürzere Wegezeiten oder eine bessere Organisation der Behandlungsabläufe). Das wäre gut für die medizinische Versorgung. Es besteht aber auch der Anreiz, an falscher Stelle zu sparen. Beispielsweise am Personal. Es gibt inzwischen Belege, dass in privaten Kliniken weniger Personal pro Patient*in zur Verfügung steht. Zudem ist die Bezahlung des verfügbaren Personals meist geringer, da es keine Tarifbindung gibt (Augurzky et al. 2018). Gewinne lassen sich zudem erwirtschaften, indem man vorrangig solche Behandlung durchführt, die sehr gut vergütet werden und wo sich der Aufwand der Behandlung gut reduzieren lässt. Auch hier gibt es Belege, das private Kliniken solche Behandlungen häufiger durchführen (Krankenhaus statt Fabrik 2019) – speziell auf diese Thematiken und die Auswirkungen dessen auf die Versorgungsqualität besprechen wir in den Beiträgen zu den Fragen: Wusstest du, dass…Krankenhäuser im aktuellen System nicht nur auf das Wohl der Patient*innen achten müssen, sondern auch darauf, ob sich eine Behandlung finanziell lohnt? (https://solimedbremen.org/krankenhaus-behandlungen-mussen-sich-finanziell-lohnen/) unddie aktuelle Krankenhausfinanzierung, Anreize setzt, unnötige Behandlungen durchzuführen, wenn diese sich finanziell lohnen? (https://solimedbremen.org/durchfuhrung-unnotiger-behandlungen-aus-wirtschaftlichen-grunden/).

Nicht nur private Kliniken wollen Gewinn mit der Versorgung von Patient*innen erwirtschaften. Auch öffentliche und frei-gemeinnützige Krankenhäuser stehen unter dem Druck, Gewinne erwirtschaften zu müssen, um notwendige Investitionen (beispielsweise die Anschaffung von medizinischen Geräten) tätigen zu können (die Problematik der hierfür verantwortlichen fehlenden Investitionskosten besprechen wir in der Einleitung dieser Kampagne). Auch hier bestehen die in diesem Artikel kurz angerissenen negativen Anreize zum Sparen an falscher Stelle mit all den negativen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung. Der Unterschied besteht hier darin, dass der erwirtschaftete Gewinn reinvestiert werden muss. Er verbleibt somit im Gesundheitswesen und wird nicht an private Personen als Dividende ausgeschüttet.

Zusammenfassend wird durch die Profitorientierung und Privatisierung aus unserer Sicht der Solidaritätsgedanke in der gesetzlichen Krankenversicherung unterwandert. Geld, welches für die Gesundheitsversorgung von Bürger*innen in die Krankenversicherung eingezahlt wird, wird teilweise nicht zu diesem Zweck genutzt, sondern landet bei einigen wenigen Privatpersonen.

Literatur:

Statistisches Bundesamt (2021): Krankenhäuser 2019 nach Bundesländern und Trägerschaft. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Tabellen/eckzahlen-krankenhaeuser.html [15.08.2021].

Taz 2018: Das Märchen von den teuren Alten. Verfügbar unter: https://taz.de/Privatisierung-des-Gesundheitswesens/!5544982/ [02.09.2021].

Fresenius (2021) Geschäftsbericht 2020. Verfügbar unter: https://geschaeftsbericht.fresenius.de/wp-content/uploads/sites/5/2021/03/Fresenius_Geschaeftsbericht_2020.pdf [15.08.2021].

Rhön-Klinikum (2021): Geschäftsbericht 2020. Verfügbar unter: https://www.rhoen-klinikum-ag.com/fileadmin/FILES/RKA/investoren/Geschaeftsberichte/GB_2020_dt.pdf [15.08.2021].

Augurzky, B.; Beivers, A.; Pilny, A. (2018): Krankenhäuserin privater Trägerschaft. Verfügbar unter: https://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-materialien/rwi-materialien_89.pdf [02.09.2021].

Bündnis Krankenhaus statt Fabrik (2019): Fakten und Argumente zum DRG-System und gegen die Kommerzialisierung der Krankenhäuser. Verfügbar unter: https://www.krankenhaus-statt-fabrik.de/196 [15.08.2021].

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