Krankenhaus-Behandlungen müssen sich finanziell lohnen

Unsere stationäre Versorgung wird nach einem dualen System finanziert (siehe Einleitung, https://solimedbremen.org/kampagne-keine-profite-mit-meiner-gesundheit/einfuhrung-ins-thema/). Da dieses System nicht die tatsächlichen Kosten refinanziert, sondern kostengünstiges Wirtschaften und den Wettbewerb zwischen Krankenhäusern anregen soll, werden viele Krankenhäuser gedrängt, ihre Behandlungen von finanziellen Gesichtspunkten beeinflussen zu lassen. Verluste, welche durch die Behandlung von Patient*innen entstehen, die nicht ausreichend vergütet werden, müssen über anderem Wege (beispielsweise durch die vermehrte Durchführung von Behandlung, die besonders gut vergütet sind) wieder ausgeglichen werden. Dieses System kann auch ausgenutzt werden, indem sich Häuser ausschließlich auf die besonders gut vergüteten Behandlungen konzentrieren (Braun 2019; Bündnis Krankenhaus statt Fabrik 2019; Naegler & Wehkamp 2018; Simon 2019a).

Dieses Phänomen ist besonders bei privaten Krankenhausträgern zu beobachten, welche Gewinne erwirtschaften, indem sie sich auf ertragreiche Bereiche (Orthopädie, Kardiologie, etc.) fokussieren. Prozesse können hier leichter optimiert werden und die Spezialisierung auf einzelne Eingriffe macht deren Wiederholung in hoher Anzahl möglich. Dies führte zu einer Zunahme der Anzahl von privat geführten Spezialkliniken, welche aus dem aktuellen System überproportional viel Geld entnehmen und sich gleichzeitig weniger an den zu Defiziten neigenden Bereichen wie z.B. der Notfallversorgung oder Kinderheilkunde beteiligen (Bündnis Krankenhaus statt Fabrik 2019). Krankenhäuser der Maximalversorgung, die meist in öffentlicher Hand sind, sind in der Verpflichtung, eine breite Versorgung für alle Patient*innen anzubieten (und können sich somit nicht im gleichen Maße spezialisieren wie private Häuser). Sie sind hierdurch wirtschaftlich benachteiligt und müssen Wege finden, die verlustreichen Bereiche wieder auszugleichen.

Entsprechend nutzen nahezu alle Kliniken die finanziellen Anreize des Systems aus – einige, zumeist die unterfinanzierten kommunalen Krankenhäuser unter dem Druck einer Schließung zu entgehen – andere, um Renditen ausschütten zu können. Für die Patient*innen aber bedeutet dies, dass wirtschaftliche Faktoren auf ihre medizinischen Behandlungen immer größeren Einfluss nehmen. Die aufgeführten gesetzlichen Rahmenbedingungen, das Finanzierungssystem über die DRGs und die damit einhergehenden Auswirkungen erschweren es den Krankenhäusern, ausschließlich medizinisch geleitete Indikationen treffen zu können (Flintrop 2006; Bündnis Krankenhaus statt Fabrik 2019; Naegler & Wehkamp 2018).

Literatur:

Naegler, H. & Wehkamp, K. H. (2018). Medizin zwischen Patientenwohl und Ökonomisierung. Krankenhausärzte und Geschäftsführer im Interview. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Osterloh, F. (2016). Krankenhäuser: Wenn Grundsatz auf Versorgung trifft. Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/180814/Krankenhaeuser-Wenn-Grundsatz-auf-Versorgung-trifft (22.08.2021).

Simon, M. (2019a). Das deutsche DRG-System: Vorgeschichte und Entwicklung seit seiner Einführung. In A. Dieterich, B. Braun, T. Gerlinger & M. Simon (Hrsg.), Geld im Krankenhaus. Eine kritische Bestandsaufnahme des DRG-Systems (S. 3-29). Wiesbaden: Springer VS.

Bündnis Krankenhaus statt Fabrik (2019): Fakten und Argumente zum DRG-System und gegen die Kommerzialisierung der Krankenhäuser. Verfügbar unter: https://www.krankenhaus-statt-fabrik.de/196 [15.08.2021].

Braun, B. (2019). Das Innenleben des Krankenhauses – zwischen Bedarfsorientierung, Überversorgung, Personalmangel, professionellen Logiken und Strukturdefiziten. In A. Dieterich, B. Braun, T. Gerlinger & M. Simon (Hrsg.), Geld im Krankenhaus. Eine kritische Bestandsaufnahme des DRG-Systems (S. 69-105). Wiesbaden: Springer VS.

Flintrop, J. (2006): Auswirkungen der DRG-Einführung: Die ökonomische Logik wird zum Maß der Dinge, Dtsch Arztebl 103(46): 3082 – 3085.

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